Bei strahlendem Sonnenschein lud der MKV am 10. September 2016 zu einem Schnupper-Paddel-Kurs ein, zu dem wir zwölf junge Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan begrüßen durften. Nach einer spielerischen Kennenlern-Runde und ersten Paddel-Trockenübungen hieß es dann für alle rauf aufs Wasser – und für einige auch ins Wasser, was dem allgemeinen Spaß-Faktor aber keinen Abbruch tat. Mit vollem Elan machten wir die Boote wieder klar Schiff und setzten die Paddeltour fort. To get some additional information you should read this.

Für die Flüchtlinge war es auch eine willkommene Gelegenheit, ihrer besonderen Lebenssituation in den Berliner Sammelunterkünften und Noteinrichtungen zu entkommen und bei einer ausgleichenden sportlichen Aktivität ihre Sorgen und Nöte ein Stück weit zu vergessen. Dass dies im Kleinen durchaus gelungen ist, zeigte sich an der Begeisterung der Teilnehmer. Am Ende des Tages schwärmte Hamdi, dieser Tag sei der schönste gewesen, den er bisher in Deutschland erlebt habe.

Ein schöneres Lob hätte es für uns Vereinsmitglieder gar nicht geben können. Wir freuten uns über die Gelegenheit, die geflüchteten Mitbürger kennenzulernen und unsere Freude am Wassersport mit ihnen zu teilen. Denn auch für uns bot sich die Chance, Kontakt zu Menschen aufzunehmen, denen wir vielleicht nicht alltäglich begegnen. „Wir wünschen uns, dass der erste Kontakt bestehen bleibt und hoffen auf eine baldige Fortsetzung“, lautete die einhellige Meinung aller Beteiligten,  die bereits Pläne für die nächste Frühlingssaison schmiedeten. Danken möchten wir an dieser Stelle nicht nur allen aktiv Mitwirkenden, sondern auch dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Landessportbund Berlin, die die Aktion wohlwollend und finanziell unterstützt haben.

Nach so viel Sport und Ausdauer hatten wir uns eine kulinarische Stärkung wohl verdient. Mitgebrachte Speisen und Grillgut sorgten für unser leibliches Wohlergehen und eine angenehme Stimmung, die nur noch vom Lagerfeuer und Shadis Saxophon-Spiel übertroffen wurde.

Überdies bot der Tag einen willkommenen Anlass, der wohl bekanntesten Persönlichkeit Köpenicks zu gedenken: dem Hauptmann von Köpenick, dem Carl Zuckmayer mit dem gleichnamigen Drama ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Hieraus spielten wir eine Szene vor, die ins Bewusstsein rief, dass Flüchtlinge heute mit einem ganz ähnlichen Teufelskreis konfrontiert sind, in dem sich vor über einem Jahrhundert der Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt befand. Damals beantragte der aus Ostpreußen stammende Voigt eine Aufenthaltserlaubnis für Berlin, doch wurde ihm diese ohne Nachweis eines Arbeitsplatzes nicht ausgestellt. Da man aber eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt, um eine Arbeitsstelle zu bekommen, erhielt Voigt weder Arbeit noch Papiere und bekam folgerichtig nach einiger Zeit eine Ausweisung aus Berlin und Umgebung. Auch den für eine Emigration dringend benötigten Pass wollten ihm die Behörden nicht ausstellen. Aus dieser Bedrängnis heraus besorgte sich Voigt eine alte Hauptmannsuniform, rekrutierte in seinen neuen Kleidern mit schneidigem Ton eine Gruppe von Soldaten, durchquerte mit der Straßenbahn und seiner neuen Mannschaft die halbe Stadt und betrat – stets überkorrekte und scharfe Kommandos ausrufend – das Rathaus von Köpenick, um dort sogleich den Bürgermeister und seinen Kämmerer zu verhaften. Doch seine Hoffnung, im Rathaus Köpenick an einen Pass zu gelangen, wurde trotz seiner perfekten Maskerade und den beeindruckenden Epauletten enttäuscht. Um nicht mit leeren Händen der unfreiwilligen Staatenlosigkeit ausgesetzt zu sein, beschlagnahmte er kurzerhand die Stadtkasse und ließ den Bürgermeister sowie den Kämmerer unter Aufsicht seiner „untergebenen“ Grenadiere in die Neue Wache überführen. Voigt stellte sich alsdann der Polizei und wurde nach einigen Jahren Haft begnadigt; sein Coup aber machte ihn zu einem frühen Medienstar mit weltweiter Bekanntheit. Durch die Aufführung seiner eigenen Memoiren konnte er sich viele Jahre über Wasser halten und seine Suche nach Glück führte ihn später noch in die USA und nach Luxemburg.

Mit dieser Geschichte im Kopf saßen wir noch lange bei untergehender Sonne am Wasser und schauten auf die gegenüberliegende Seite. Dabei schlich sich immer wieder ein Gedanke ein: „Da drüben, der linke Turm da, das ist das Rathaus von Köpenick!“

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Ein Text von Sandra H. und Korstaan M.